Subject: ein persšnliches Dankeschšn zur Abstimmung Ÿber die EEG-Novelle

From: Jochen Gruber <jochen.gruber@acamedia.info>

Date: 22. Juli 2016 12:59:55 MESZ

To: jeannine.pflugradt@bundestag.de



Liebe Frau Pflugradt,


mit Freude habe ich gesehen, dass Sie der Abstimmung Ÿber die EEG-Novelle ferngeblieben sind.Ê


Das Abstimmungsverhalten zeigt mir bedrŸckend,Ê

  1. wie sehr die Klimaproblematik das Fachwissen der meisten Bundestagsabgeordneten und ihrer Berater Ÿbersteigt, undÊ
  2. dass der BundestagsprŠsident die AbgeordnetenÊunlŠngstÊzu Recht daran erinnern musste, allein ihrem Gewissen zu folgen.Ê


Unsere Gesellschaft ist nach Ansicht vieler Menschen zu komplex geworden, um noch durch die heutigen Politikstrukturen zukunftsorientiert geleitet werden zu kšnnen.


Zur Klimaproblematik

Prof. Dirk Messner vom WissenschaftlichenÊBeirat der Bundesregierung "Globale UmweltverŠnderungen" (WBGU) empfahl schon 2011Êdringend, die CO2-Emissionen sofort und im vollen Rahmen unserer technischen Mšglichkeit zu reduzieren ...

http://va-web.zmml.uni-bremen.de/vabne_de/index.php/video?id=21&x=1&yid=180


... weil das 2-Grad-Ziel technisch und wirtschaftlich nur so noch erreicht werden kann.Ê


Als Physiker wei§ ich, dass solch eine Aussage eines hoch geschŠtzten Wissenschaftlers ernst zu nehmen ist.Ê

  1. Wir mŸssen ab sofort und mit all unseren KrŠften das AnthropozŠn verantwortungsvoll gestalten.Ê
  2. Im Klimabereich bedeutet das: Reduktion unserer CO2-Emission auf 2 t pro Person und Jahr ist vorrangig vor allen anderen Aufgaben.Ê
  3. FŸr die Politik ist der damit verbundene Zeithorizont ein Novum.ÊAnforderungen dieser Art wurden in der Menschheitsgeschichte als religišse Gebote formuliert, die unabhŠngig davon befolgt werden, wieviele Menschen mitmachen.Ê


Historische Analogie

Weil es um den Fortbestand der Erde geht, wie wir sie kennen, erinnert mich die Abstimmung Ÿber die EEG-Novelle an die Abstimmung 1914Êim deutschen ReichstagÊŸber die Kriegskredite. Auf die SPD als grš§te deutsche Partei im Parlament setzte Europa die Hoffnung, sie werde den drohenden Weltkrieg abwenden (Zitat im Anhang).Ê


Mehr Ÿber die damaligen Ereignisse in Wikipedia

https://de.wikipedia.org/wiki/Burgfriedenspolitik


Darf ich abschlie§end noch eine persšnliche Bemerkung anfŸgen, die Ihnen vielleicht sogar vertraut ist?Ê

Andernfalls Ÿberspringen sie bitte die folgenden beidenÊAbsŠtze.

€hnlich wie Sie jetzt war ich im Staatsdienst. So koordinierte ich z.B. 1977 - 1978 die wissenschaftliche Arbeiten in der ersten von der Bundesregierung finanzierten Sicherheitsstudie zu Gorleben (Projekt Sicherheitsstudien Entsorgung, PSE). In dieser Position widersprach ich der Vorfestlegung der Ergebnisse unserer Arbeit durch die Politik, also durch die sozial-liberale Koalition unter Helmut Schmidt. Wir Wissenschaftler in PSE waren uns im privaten GesprŠch einig: Anders als die Politiker erwarteten wir keine sichere Endlagerung in Gorleben (und so ist es noch heute). Aber gegenŸber dem Auftraggeber Politik Šu§erte PSE dies nicht. Ich hingegen vertrat OffenheitÊgegenŸberÊder Politik und gegenŸber dem BŸrger.

http://acamedia.info/sciences/J_G/langzeitsicherheit.html

http://acamedia.info/sciences/J_G/sicht.htm


Aus dieser ungewšhnlichen Kontroverse heraus hat sich fŸr mich eine so bereichernde und konstruktive Arbeit entwickeln kšnnen, wie sie ohne mein damaliges kritisches Engagement nicht mšglich geworden wŠre. Im Alter schaue ich nun zurŸck. Ich meine, beobachten zu kšnnen, dass schlimme Fehler unser Bewusstsein grundlegend verŠndern, uns letztendlich gesellschaftlich isolieren und unglŸcklich machen. Solche Fehler geschehen leicht in politischen oder gesellschaftlichen Kraftfeldern, die sich im Konsens einer Zeitepoche gebildet haben und allgemeine Anerkennung finden.Ê


Ich wŸnsche Ihnen einen schšnen Tag und viel Freude bei Ihrer Arbeit,


Joachim Gruber

(http://acamedia.info/sciences/J_G/)


======== ANHANG ============================================

Oliver Stone, Peter Kuznick, "The Untold History of the United States", Seite 4, 2013


Nur Europas gro§e sozialistische und Arbeiterparteien und Gewerkschaften konnten das Schlachten (des 1. Weltkriegs) verhindern. Viele gehšrten zur sozialistischen Zweiten Internationale. Sie wussten, dass der wichtigste Konflikt der zwischen Kapital und Arbeit war, nicht der zwischen deutschem Arbeiter und seinem britische GegenŸber. Sie verpflichteten sich, dass falls die Kapitalisten in den Krieg ziehen wŸrden, die Arbeiter sich weigern wŸrden zu folgen. Die Radikaleren, wie Wladimir Lenin und Rosa Luxemburg, schworen die kapitalistischen Regime zu stŸrzen, sollte ein Krieg begonnen werden. Hoffnungen, den Irrsinn zu stoppen, ruhten auf Deutschland, wo die Sozialdemokraten die grš§te Partei im Parlament stellten, und auf Frankreich.


Aber die Hoffnungen wurden zunichte, als die deutschen Sozialisten fŸr ÊKriegskredite stimmten mit der Behauptung, sie hŠtten ihr Land gegen die russischen Horden zu schŸtzen.Ê



Version: 22.7.2016

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